- Grippeimpfung – Pro und Contra

Grippeimpfung für Schwangere © panthermedia.net / plepraisaeng
Stecken sich Schwangere mit Influenza an, kann dies eine Gefahr für Mutter und Kind darstellen. Deshalb empfiehlt die STIKO die jährliche Grippeimpfung für Schwangere.

Kaum beginnt der Herbst, hört man es an allen Ecken Niesen und Husten – die Erkältungszeit beginnt. Wenn die Tage wieder kürzer und dunkler werden, rücken Menschen nicht nur auf dem Sofa, sondern auch in der U-Bahn und im Café näher zusammen und geben so Erkältungsviren die perfekte Möglichkeit zur Ausbreitung. Während noch nicht wirklich ein Kraut gegen Rhinovirus, Adenovirus und Co. gewachsen ist, kann man sich zumindest vor einem gefährlichen Vertreter, dem Influenza-Virus, mit einer Grippeimpfung schützen. Was bei dieser Impfung zu beachten ist, wann sie wirkt und wer dafür in Frage kommt, verrät der folgende Text.

Wer lässt sich impfen?

Hohes Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen – wer einmal an einer „echten“ Grippe litt, wird diese nicht mehr so schnell mit einer leichten Erkältung verwechseln und sich ungern an die teilweise wochenlange Erschöpfung erinnern. In Deutschland lassen sich jährlich knapp dreißig Prozent der Bevölkerung gegen die Grippe impfen.[1] Obwohl gesunden, jungen Menschen die Impfung nicht ausdrücklich empfohlen wird, wird sie auch für diese Personen von den meisten Krankenkassen gezahlt. Nicht selten bieten Arbeitgeber ihren Mitarbeitern in den Herbstmonaten die Möglichkeit einer Impfung an. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Immunisierung insbesondere Personen mit chronischen Erkrankungen wie etwa Asthma, Diabetes oder Herzproblemen.[2] Auch Schwangeren und allen Personen über sechzig Jahren wird zur Impfung geraten, da in diesen Personengruppen schwere Komplikationen einer Influenza-Infektion häufiger auftreten. Medizinisches Personal und Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sollten sich impfen lassen, um eine Ansteckung von kranken und schwachen Mitmenschen zu vermeiden.

Trotz STIKO-Empfehlungen liegen die Impfraten in den Risikogruppen unter den Erwartungen der Ärzte und der Pharmaindustrie: Eine Studie mit 1000 Schwangeren zeigte beispielsweise, dass nur etwa dreiundzwanzig Prozent der Schwangeren in der Saison 2012/2013 grippegeimpft waren.[3] Als Gründe gaben die Frauen unter anderem den Zweifel an der Wirksamkeit des Impfstoffes an, auch die Sicherheit der Impfung spielte immer wieder eine Rolle.

Schützt die Impfung wirklich?

Grippevirus© fotolia.com / Irochka
Jedes Oberflächenmolekül kann ausgetauscht werden – so entkommt das Grippevirus so mancher Falle.

Ein Grippevirus kann sich von Jahr zu Jahr „verwandeln“. Immer wieder passt sich die Oberfläche des Virus an neue Umstände an, so dass sich der Körper keine universelle Antikörper-Waffe bauen kann, selbst wenn man bereits einmal eine Influenza durch litten hat. Aus diesem Grund wird auch der Influenza-Impfstoff jedes Jahr auf die aktuell zirkulierenden Virusversionen angepasst. Die Folge ist, dass die gefährdete Personengruppe jedes Jahr aufs Neue zur Impfung antreten müssen, um für die Wintersaison geschützt zu sein. Da die Produktion der Impfstoffe etwas Vorlaufzeit braucht, basiert die Zusammensetzung auf einer “Virusvorhersage“,  was in etwa dem Blick in eine Kristallkugel gleichkommt: Die Chancen, dass die Impfstoffhersteller mit Virus- Mutationsprognosen richtig liegen, so dass der jährlich angepasste Impfstoff auch schützt und wirksam ist, unterliegen Schwankungen. So lag in der letzten Saison 2014/2015 ein Teil der Zusammensetzung leider ziemlich daneben – eine unvorhergesehene Virusversion war in diesem Winter im Umlauf, die Folge war eine im Durchschnitt schlechtere Wirksamkeit der Impfung. Treffen die Vorhersagen jedoch zu, kann ein Impfschutz von bis zu achtzig Prozent erreicht werden, die Wirkung tritt dann etwa zwei Wochen nach Impfung ein. Für die kommende Saison 2015/2016 wurde die Zusammensetzung des Impfstoffes auf der Grundlage des letzten Jahres angepasst.[4]

Ist die Impfung sicher?

Die Grippeschutzimpfung ist im Allgemeinen gut verträglich, auch für Kinder und Schwangere liegen ausreichend Daten vor, um die Sicherheit zu bestätigen.[5] Gelegentlich kann eine Rötung oder Schwellung der Einstichstelle auftreten, auch leichte Erkältungssymptome können für bis zu drei Tage die Folge sein. Aufpassen sollten Personen mit einer Allergie gegen Hühnereiweiß: Hier kann nicht jeder Grippeimpfstoff verwendet werden, spezielle eiweißfreie Impfstoffe lassen sich jedoch in der Apotheke bestellen.[6]

Gibt es Alternativen zur Spritze?

Nasenspray-Impfstoff© fotolia.com / luna
Grippegeschützt ohne Pieks? Das geht seit 2012 mit einem Nasenspray-Impfstoff für Kinder.

Es muss nicht mal mehr ein Pieks sein: Seit 2012 gibt es eine Grippeimpfung, die als Nasenspray verabreicht wird.[7] Sie ist für Kinder zwischen 2 und 18 Jahren zugelassen und hat sich in der Altersgruppe zwischen 2 und 6 Jahren sogar als effektiver als die Injektion herausgestellt.[8]
Ist bereits eine Influenza-Infektion eingetreten, können in den ersten 48 Stunden die Medikamente Tamiflu® oder Relenza® gegeben werden. Hier ist jedoch die Wirksamkeit weiterhin umstritten, im Jahr 2014 erschienen fast zeitgleich zwei Studien, die jeweils große Datenmengen auswerteten, jedoch zu entgegengesetzten Meinungen hinsichtlich der Wirksamkeit der Medikamente kamen.[9][10] Somit bleibt es wohl vorerst eine Einzelentscheidung mit dem Arzt, wann die Medikamente eingesetzt werden sollten.

Risikogruppen sollten sich impfen lassen

Auch wenn die Influenza-Impfung nicht immer zu einhundert Prozent vor einer Grippe schützen kann, sollten insbesondere chronisch Kranke, Schwangere und Über-60-Jährige die Kassenleistung in Anspruch nehmen, da im Falle einer Infektion lebensbedrohliche Komplikationen wie eine Lungenentzündung oder Herzmuskelentzündung auftreten können. Auch gesunde, junge Menschen können sich zusammen mit ihrem Arzt für die nebenwirkungsarme Impfung entscheiden, um sich, ihre Umwelt und gegebenenfalls gefährdete Familienmitglieder zu schützen. Eine Grippeimpfung verhindert jedoch nicht jede Erkältung: Grundlegende Hygienemaßnahmen wie regelmäßiges Händewaschen und die Vermeidung von Anhusten und –niesen stellen neben einer gesunden Ernährung wichtige Schritte zur Vermeidung von Ansteckungen dar.[11] So kommt man dann hoffentlich gesund durch den Herbst und Winter.

Quellenangaben:

[1] Robert-Koch-Institut: Saisonale Influenzaimpfung – Häufig gestellte Fragen und Antworten. https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Influenza/faq_ges.html, 11.08.2015
[2] Robert-Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin 34/3014. http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2014/Ausgaben/34_14.pdf, 11.08.2015
[3] Bödeker B, et al. Cross-sectional study on factors associated with influenza vaccine uptake and pertussis vaccination status among pregnant women in Germany. Vaccine 2014; 32: S. 4131-4139
[4] Paul-Ehrlich-Institut: Saisonaler Influenza-Impfstoff 2015/2016. http://www.pei.de/DE/infos/fachkreise/impfungen-impfstoffe/influenza-grippeimpfstoffe-saisonal/influenza-saisonal-2015-2016-inhalt.html, 11.08.2015
[5] Centers for Disease Control and Prevention: Influenza Vaccine Safety. http://www.cdc.gov/flu/protect/vaccine/vaccinesafety.htm, 11.08.2015
[6] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Grippeimpfung – Fragen und Antworten. https://www.impfen-info.de/wissenswertes/grippeimpfung/, 11.08.2015
[7] Pharmazeutische Zeitung: Erstmals Impfung durch die Nase, http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=43316, 11.08.2015
[8] Centers for Disease Control and Prevention: CDC Statement on LAIV Effectiveness and Vaccination of Children http://www.cdc.gov/flu/news/nasal-spray-effectiveness.htm, 11.08.2015
[9] Jefferson T, et al. Neuraminidase inhibitors for preventing and treating influenza in healthy adults and children. Cochrane Database of Systematic Reviews 2014, Issue 4. Art. No.: CD008965. DOI: 10.1002/14651858.CD008965.pub4.
[10] Muthuri, SG., et al. „Effectiveness of neuraminidase inhibitors in reducing mortality in patients admitted to hospital with influenza A H1N1pdm09 virus infection: a meta-analysis of individual participant data.“ The Lancet Respiratory Medicine 2.5 (2014): S. 395-404.
[11] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Schutz vor Infektionskrankheiten. http://www.infektionsschutz.de/, 11.08.2015