- Müdigkeit: warum Powernapping bei Grippe nicht mehr hilft

Müdigkeit © panthermedia.net / txking

Schlaf ist gesund. Er steigert die Leistungsfähigkeit, unterstützt das Immunsystem und hilft bei Lernprozessen. Ein kurzes Nickerchen zur Mittagszeit wird Powernapping genannt. Gerade im stressigen Arbeitsalltag wirkt so eine Ruhepause manchmal Wunder. Powernapping ist allerdings nicht die Lösung aller Probleme. Grippe und grippale Infekte lassen sich damit nicht bekämpfen.

Was passiert, wenn wir müde werden?

Jeder kennt es: die Augen fallen zu, die Konzentrationsfähigkeit sinkt, jede Bewegung scheint anstrengend. Müdigkeit ist in der Regel ein Warnsignal des Körpers, das auf einen Mangel hinweist. Der müde Organismus benötigt meist Schlaf, manchmal aber auch Sauerstoff, Nahrung oder Wasser. Kurzes Durchlüften, ein kühles Getränk oder eine kleine Ruhepause sollten das unangenehme, bleischwere Gefühl beseitigen. Verschwindet es nach einer Mütze voll Schlaf nicht von selbst, spricht man von chronischer Müdigkeit. Diese kann ein Hinweis auf ungesunden Stress, Depressionen, aber auch Infektionskrankheiten oder sogar Krebs sein. Wer immer müde ist, sollte unbedingt einen Arzt aufsuchen [1].

Müdigkeit ist messbar. Die Reaktionsgeschwindigkeit einer Person beispielsweise sagt etwas darüber aus, wann sie zuletzt geschlafen hat. Aber auch an der Stimme lässt sich Ermüdung ablesen. An der University of Melbourne wurde dies in einem Versuch mit Studenten nachgewiesen. Die Probanden hatten die Aufgabe, morgens um 8 Uhr im Labor zu erscheinen und 24 Stunden lang wach zu bleiben. Alle zwei Stunden mussten sie sich einem Sprachtest unterziehen. Das Ergebnis: Müdigkeit zeigt sich in der Stimme durch deutliche Schwankungen der Tonlage und eine Verlangsamung der Sprechgeschwindigkeit. Den absoluten Tiefpunkt hatten die meisten Studenten morgens um 6 Uhr erreicht. Bei Sonnenaufgang hob sich die Stimmung wieder [2].

Powernapping im Büro?

Wenn wir müde werden, sinken Konzentration, Reaktionsgeschwindigkeit und Leistungsfähigkeit. Verstärkt treten diese Effekte bei den meisten Menschen zwischen 13 und 14 Uhr auf. Viele verschiedene Studien von Schlafforschern weltweit zeigen: ein sogenanntes Powernapping erfrischt und belebt in diesem Fall. Forscher der australischen Flinders University fanden heraus, dass 10 Minuten Leichtschlaf in der Mittagszeit die Leistungsfähigkeit signifikant steigern. Maximal sollte so ein Powernapping 30 Minuten dauern. Der Trick besteht darin, dem Körper lediglich eine kurze Ruhepause zu gönnen, nicht aber in eine REM- oder sogar eine Tiefschlafphase abzugleiten. Wer sich nicht an das knappe Zeitlimit hält, muss nach dem Nickerchen häufig bis zu einer Stunde mit Müdigkeit kämpfen, bevor die positiven Effekte einsetzen. Ein Powernapping im Büro kann also sowohl für den Chef als auch für die Angestellten von Vorteil sein: Ausgeschlafen und guter Laune wird die Arbeit effektiver erledigt [3].

Powernapping gegen Viren?

Zwar steigert Powernapping die Leistungsfähigkeit, eine ausgewachsene Grippe kann damit allerdings nicht bekämpft werden. Grippe und Erkältung werden durch Viren ausgelöst. Bei einer Grippe handelt es sich allerdings um die gefährlichen Influenzaviren, während bei einer Erkältung meist eine Infektion mit Rhino- oder Adenoviren vorliegt. Die Grippe unterscheidet sich von der in der Regel harmloseren Erkältung durch ihren plötzlichen Ausbruch, hohes Fieber, Gliederschmerzen und ein deutliches Krankheitsgefühl. Es können sogar Magen-Darm-Beschwerden auftreten, auch wenn die Infektion primär die Atemwege betrifft. Wer sich mit Influenza ansteckt, gehört ins Bett. Das Schlafbedürfnis steigt während einer solchen Infektion immens an. Der Erkrankte fühlt sich meist müde und abgeschlagen. Schlaf steigert nicht nur die Leistungsfähigkeit, auch das Immunsystem kann währenddessen effektiver Keime bekämpfen. Eine ausgewachsene Influenza lässt sich allerdings nicht durch 10 bis 30 Minuten Powernapping in die Knie zwingen. Die Erkrankung dauert 5 bis 10 Tage an. Während dieser Zeit sollte strikte Bettruhe eingehalten werden, da sonst schwerwiegende Komplikationen auftreten können. Der Körper benötigt seine ganze Energie, um die Keime abzuwehren [4].

Aber auch wenn Viren sich nicht durch ein kurzes Nickerchen besiegen lassen, stärkt eine tägliche Mittagsruhe im gesunden Zustand das Immunsystem, beugt Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes vor und hilft gegen den Stress im Alltag.

Quellenangaben:

[1] A. Blank-Koppenleitner: „Müdigkeit“, http://www.apotheken-umschau.de/muedigkeit, 29.06.2016
[2] „Was die Stimme über uns verrät“, http://www.rp-online.de/panorama/wissen/was-die-stimme-ueber-uns-verraet-aid-1.766045, 29.06.2016
[3] S. Langemak: „Was Sie beim Powernapping beachten müssen“, http://www.welt.de/gesundheit/article120004211/Was-Sie-beim-Powernap-beachten-muessen.html, 29.06.2016
[4] N. Suttorp, M. Mielke, W. Kiehl, B. Stück (Hrsg.): Infektionskrankheiten. Thieme, 2004, S. 164ff.