- Wer wenig schläft ist schneller krank

Schlafender Hund © panthermedia.net / damedeeso

Schlaf ist ein komplexes, biologisches und psychologisches Phänomen, mit dem sich Forscher vieler Disziplinen seit langem beschäftigen. Viele Fragestellungen sind nach wie vor nicht abschließend geklärt. Warum schlafen wir überhaupt? Was passiert im Schlaf mit dem Körper und wie wirkt sich Schlafmangel auf uns aus: könnten wir daran sogar sterben?

Selbst Tiere müssen schlafen

Biologen und Zoologen gehen bisher davon aus, dass alle Tierarten – selbst Insekten – schlafen müssen, um zu überleben. Einige haben dabei im Laufe ihrer Evolution kuriose Schlafmethoden entwickelt, um perfekt an ihre Umwelt angepasst zu sein. Schwertwale und einige Vogelarten beispielsweise schlafen zeitweise oder immer nur mit einer Hirnhälfte [1][2]. Beim Menschen verändern sich die Schlafgewohnheiten abhängig vom Alter. Während Säuglinge den ganzen Tag über in kurzen Phasen schlafen, schlafen Erwachsene zu einer durch die biologische Uhr festgelegten Kernzeit. Ältere Menschen dagegen benötigen nachts weniger Schlaf, gönnen sich aber tagsüber häufiger ein Nickerchen [3].

Alter

Schlafbedürfnis in h/Tag

0-3 Monate 14-17
4-11 Monate 12-15
1-2 Jahre 11-14
3-5 Jahre 10-13
6-13 Jahre 9-11
14-17 Jahre 8-10
18-64 Jahre 7-9
>64 Jahre 7-8

Der Schlaf des Menschen ist in verschiedene Phasen aufgeteilt, die sich zyklisch etwa alle 90 Minuten wiederholen. Auf das Einschlafen folgt ein erster leichter und sich dann vertiefender Schlaf, bis der Körper die Tiefschlafphase einleitet. Atmung, Puls und Blutdruck sind deutlich niedriger als im Wachzustand. Schläfer sind in dieser Phase nur schwer zu wecken und wirken, erwachen sie doch, stark desorientiert. Nach dem Tiefschlaf kommt es zum sogenannten REM-Schlaf, der auch paradoxer Schlaf oder Traumphase genannt wird. In dieser Zeit ist zwar die Skelettmuskulatur maximal erschlafft, es kommt aber zu heftigen Augenbewegungen. Atemfrequenz und Puls sind gesteigert und das Gehirn müht sich mit der Verarbeitung des Tagesgeschehens ab [4].

Tödlicher Schlafmangel?

Weil sowohl Menschen als auch Tiere schlafen, gehen Forscher schon seit langem davon aus, dass Schlaf lebenswichtig ist. Eine Hypothese, die erklären soll, warum wir schlafen müssen, lautet folgendermaßen: Im Schlaf stellt das Gehirn eine Art Ausgangszustand wieder her. Die Nervenzellen, die täglich mit Reizen überflutet werden, sollen wieder fit für den nächsten Tag gemacht werden [5]. Für diese Hypothese sprechen auch die Symptome eines akuten Schlafmangels. Wer mehr als ein paar Nächte am Stücke nicht oder nur sehr wenig geschlafen hat, muss vor allem mit neurologischen Einschränkungen rechnen. Es kann zu Konzentrationsschwierigkeiten, Gedächtnisverlust, Teilnahmslosigkeit, Stimmungsschwankungen oder sogar Halluzinationen kommen [6].

Trotzdem konnte bisher nicht nachgewiesen werden, dass Schlafentzug tatsächlich tödlich sein kann, auch wenn er in einigen Regionen der Welt noch immer als Foltermethode eingesetzt wird. Französische Forscher dokumentierten beispielsweise den Fall eines 27-jährigen Mannes, der über mehrere Monate an fast vollständigem Schlafentzug litt. Bis auf eine 20- bis 60-minütige Halluzinationsepisode, die sich zuverlässig Abend für Abend einstellte, hatte der Patient kaum mit Defiziten zu kämpfen. Selbst Personen, die an sogenannter letaler, familiärer Insomnie leiden, sterben vermutlich nicht am Schlafmangel. Diese Erkrankung ist erblich. Nach einer 6- bis 30-monatigen Phase des krankhaften Schlafentzugs kommt es zum Multiorganversagen. Bisher konnte allerdings kein Zusammenhang zwischen den Folgen der Schlaflosigkeit und dem unvermeidlich eintretenden Tod festgestellt werden. Die Insomnie ist vermutlich lediglich ein Symptom der Erkrankung [6].

Die Frage, ob akuter Schlafmangel nach einiger Zeit zum Tod führen kann, ist also nicht abschließend geklärt. Fest steht aber, dass Patienten, die chronisch zu wenig, also unter 7 Stunden pro Nacht, schlafen, häufiger an Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Übergewicht und Stoffwechselstörungen leiden [7][8].

Schlaf schützt vor Erkältungen

Schlaf beeinflusst aber nicht nur den Stoffwechsel und die Psyche, auch das Immunsystem ist von Schlafmangel schwer betroffen. In einer Studie mit 164 Probanden wurde dieser Zusammenhang nachgewiesen. Die Nasenschleimhäute der Freiwilligen wurden mit Erkältungsviren infiziert. Diejenigen Teilnehmer, die weniger oder überhaupt nicht schliefen, erkrankten viermal so häufig an einem grippalen Infekt wie jene, die pro Nacht mindestens sieben Stunden erholsamen Schlaf bekamen. Während wir schlafen, kann der Körper seine ganze Energie darauf verwenden, die Erreger effektiv zu bekämpfen [9][10].

Schlaf hält das Gehirn fit, stärkt das Immunsystem, macht schlank und schützt vor Stoffwechselerkrankungen. Obwohl bisher nicht alle Zusammenhänge wissenschaftlich erklärt werden können, steht fest: Schlaf ist gesund.

Quellenangaben:

[1] O. I. Lyamin, J. Pryaslova, V. Lance, J. M. Siegel: „Sleep behaviour: Sleep in continuously active dolphins; Activity and sleep in dolphins“, http://www.nature.com/nature/journal/v441/n7096/abs/nature04900.html, 19.06.2016
[2] „Birds sleep with one eye open, half awake, study finds“, http://edition.cnn.com/TECH/science/9902/03/birds.eye/, 19.06.2016
[3] „How much sleep do we really need?“, https://sleepfoundation.org/how-sleep-works/how-much-sleep-do-we-really-need, 19.06.2016
[4] „Sleep stages“, http://www.healthcommunities.com/sleep-stages/overview-sleep-cycle.shtml, 19.06.2016
[5] G. Tononi, C. Cirelli: „Warum wir schlafen“, http://www.spektrum.de/magazin/warum-wir-schlafen/1309282, 19.06.2016
[6] J. Osterkamp: „Wie lange kann man wach bleiben?“, http://www.spektrum.de/frage/wie-lange-kann-man-wach-bleiben/1321562, 19.06.2016
[7] C. Hohmann: „Schlafmangel hat ernste Folgen“, http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=1055, 19.06.2016
[8] „Der Schlafentzug und seine Folgen für den Stoffwechsel“, http://www.eufic.org/article/de/artid/schlafentzug-folgen-fuer-stoffwechsel/, 19.06.2016
[9] J. Osterkamp: „ Zu wenig Schlaf macht wirklich krank“, http://www.spektrum.de/news/zu-wenig-schlaf-macht-wirklich-krank/1363911, 19.06.2016
[10] A. A. Prather, D. Janicki-Deverts, M. H. Hall, S. Cohen: „Behaviorally Assessed Sleep and Susceptibility to the Common Cold“, http://www.journalsleep.org/ViewAbstract.aspx?pid=30153, 19.06.2016