- Kurz gegoogelt: Wenn die Suchmaschine Diagnosen stellt

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Überlegt man, was die Menschheit alles googelt, ist es mittlerweile alltäglich geworden, sich auch über Krankheitssymptome im Internet schlau zu machen. Was macht man, wenn man sich bereits seit einigen Tagen müde, schlapp oder abgeschlagen fühlt, die Nase läuft, einen der Husten plagt und vielleicht sogar Fieber hinzukommt? Viele gehen gar nicht mehr zum Arzt, sondern suchen direkt Dr. Google“ auf. Einer Studie von der Universität Hannover zufolge suchen in Deutschland zwei von drei Erkrankten im Internet nach Antworten auf Gesundheitsfragen. Welche Fehldiagnosen jedoch durch die Verwendung von Suchmaschinen entstehen können, wird in diesem Artikel genau erklärt [1].

Fehldiagnosen bei Atemwegsinfektionen und ihre Folgen

Seit der Existenz des Internets ist bekannt, dass eine richtige Diagnosestellung mittels der Eingabe von Symptomen in eine Suchmaschine wie Google nur schwer erfolgen kann. Einer Studie der Queensland University of Technology zufolge sind nur drei der ersten zehn Suchergebnisse für eine Selbstdiagnose nützlich [1].

Warum Fehldiagnosen zustande kommen können hängt damit zusammen, dass es für Patienten oft sehr schwierig ist, die wichtigsten Symptome richtig zu erkennen und deren Bedeutung für das Krankheitsbild abzuschätzen. Werden in eine Suchmaschine zusammenhängende Symptome wie Kopfschmerzen, Fieber, Gliederschmerzen und Übelkeit eingegeben sind Millionen unterschiedliche Ergebnisse die Folge. Dabei kann nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass jedes Symptom bei jedem erzielten Suchergebnis in derselben Intensität berücksichtigt wurde. Außerdem hängt die Zahl der Fehldiagnosen auch mit dem Stadium der Erkrankung zusammen. Gegoogelt wird meist zu einem frühen Zeitpunkt der Erkrankung, in welchem manche Symptome oftmals noch nicht oder nur spärlich vorhanden sind. Daher ist die Zahl der Fehldiagnosen in einem frühen Stadium der Erkrankung häufiger [2].  Weiterhin muss bedacht werden, dass der Arzt oft mit der alleinigen Information der Patientin oder des Patienten auch keine Diagnose stellen kann. Erst die Zusammenschau vom Gespräch, der körperlichen Untersuchung, den Laborergebnissen, der apparativen Diagnostik und der medizinischen Denkarbeit des Arztes, machen eine sichere Diagnose möglich.
Das Phänomen, dass man bei Eingabe von Symptomen schneller bei schweren als leichten Krankheiten landet, ist häufig vorhanden. Dies liegt daran, dass im Internet besonders häufig seltene Krankheiten diskutiert und beschrieben werden.

Die Befragung von ‚Dr. Google‘ kann gefährliche Folgen haben. Einerseits besteht die Gefahr, dass schwere, lebensbedrohliche Krankheitsbilder durch den Verzicht eines Arztbesuches übersehen werden. Andererseits kann es passieren, dass ein Patient sich durch das spezifische Googeln eines Symptoms oder einer Krankheit tatsächlich schlechter fühlt oder er sein Symptom einer Erkrankung zuordnet, die er gar nicht hat, sich diese einbildet und schlussendlich das echte Krankheitsbild entwickelt. Einbildungen, Erwartungen und Vorstellungen beeinflussen nämlich unsere tatsächliche körperliche Gesundheit [1].

Wann zum Arzt?

Eine Erkältung mit Schnupfen, Husten und leichtem Fieber kann in fast allen Fällen mit Hausmittel oder frei verkäuflichen Mittel aus der Apotheke erfolgreich selbst behandelt werden. Treten schwerere Symptome wie Fieber über 39°C, Schüttelfrost, Nackensteifigkeit, starke Kopfschmerzen und Lichtempfindlichkeit, Erbrechen, starke Übelkeit oder Schmerzen in der Brust hinzu, sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden. Es könnte sich unter anderem nicht nur um eine Erkältung, sondern um eine Influenza-Grippe, eine Lungenentzündung oder eine Gehirnhautentzündung handeln. Diese erfordern eine genaue ärztliche Diagnostik und Therapieplanung.

Richtige Bestätigung im Internet?

Im Internet finden sich verschiedene Selbsttests, die beispielsweise herausarbeiten ob ein Patient an einer Erkältung oder einer Grippe leidet. Diese Schnelltests für Erkältung oder Grippe sind relativ zuverlässig, da die Symptome für diese beiden Erkrankungen zwar sehr ähnlich sind, sich aber im Schweregrad unterscheiden. Da die Wahrnehmung der Beschwerdeintensität jedoch von Patient zu Patient sehr unterschiedlich ist, sollten diese Tests lediglich als Richtung der Diagnosefindung angesehen werden. Sie ersetzen keine ärztliche Diagnose und sollten nicht anstelle eines Arztbesuches eingesetzt werden.

Quellenangaben:

[1] Catarina Katzer: Cyberpsychologie: Leben im Netz: Wie das Internet uns verändert. Deutscher Taschenbuch Verlag, 2016
[2] Rudolf Gross: Medizinische Diagnostik – Grundlagen und Praxis. Springer-Verlag, 2013, S. 156