Husten Reizhusten: Ursachen

Reizhusten durch Betablocker

© PantherMedia / Claudio  Ventrella 

Trockener Reizhusten tritt besonders in der Winterzeit auf und ist dann meist auf die heizungsbedingt trockene Raumluft zurückzuführen. Häufig gehört er zu den unangenehmen Begleiterscheinungen einer Erkältung oder eines grippalen Infekts. Darüber hinaus können jedoch auch Medikamente einen länger als acht Wochen andauernden (chronischen) Reizhusten auslösen.[1] Zu den entsprechenden Substanzklassen zählen blutdrucksenkende Medikamente wie ACE-Hemmer und  Betablocker.[2] Im Folgenden soll zuerst auf die allgemeinen Entstehungsmechanismen von Reizhusten eingegangen werden, um schließlich den speziellen Zusammenhang zwischen Betablockern und chronischem trockenen Husten schlüssig darzustellen.

Medizinische Fakten

Prinzipiell gehört Husten neben Blinzeln und Niesen zu den Schutzreflexen des Körpers. Sein biologischer Zweck besteht darin, die Selbstreinigung der Atemwege zu gewährleisten. Fremdkörper im Sinne feiner Staubpartikel, Flüssigkeitströpfchen oder Nahrungsreste können mit der eingeatmeten Luft in die Lunge zu gelangen (Aspiration), wo sie mitunter schwere Lungenentzündungen (Aspirations-Pneumonie) auslösen könnten und daher durch den Husten aus den Atemwegen beförtert werden sollten.

Die so genannten Hustenrezeptoren befinden sich sowohl in der Luftröhre, als auch in den Bronchien sowie im Mittelohr und in der Speiseröhre und werden einerseits durch mechanische Reize wie Dehnung oder Berührung aktiviert, aber auch durch chemische Faktoren. Zu diesen zählt zum Beispiel saurer Magensaft, der beim Sodbrennen (Gastroösophagealer Reflux) zurück in die Speiseröhre gelangt, aber auch eingeatmete Abgase oder Dämpfe von Lösungsmitteln. Die Hustenrezeptoren stehen somit am Anfang eines komplexen Reflexbogens: Über zuführende (afferente) Nervenfasern wird ihr Signal an das Hustenzentrum des Gehirns weitergeleitet, von wo aus ableitende (efferente) Nervenfasern den Befehl an die Atemhilfsmuskeln leiten, die sich in der Folge zusammenzieht. Der dadurch entstehende, kräftige Atemstoß soll eingeatmete Fremdköper oder schädliche Stoffe aus dem Körper befördern.[3]

Zu den medizinischen Indikationen für die Einnahme von Betablockern zählen neben Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen auch bereits durchgemachte Herzinfarkte sowie ein gesteigertes Risiko einen Schlaganfall zu erleiden.  Aus aktuellen Studien geht hervor, dass Betablocker auf lange Sicht den Krankheitsverlauf von Menschen mit Herzproblemen sowie hohem Blutdruck (Hypertonie) günstig beeinflussen und das Risiko von Herzinfarkten (Myokardinfarkt) und Schlaganfällen (Apoplex) signifikant senken.[4] Es handelt sich dabei um eine Gruppe von Medikamenten, die in die WHO-Liste der ‚unentbehrlichen Arzneimittel‘ aufgenommen wurde.[5] Dennoch zeigen sich auch bei der Einnahme von Betablockern besonders bei Menschen mit überempfindlichen Atemwegen mitunter unerwünschte Nebenwirkungen, zu denen beispielsweise chronischer Reizhusten gehört, der über die indirekte Aktivierung von Hustenrezeptoren ausgelöst wird. Der hier stattfindende, spezielle Entstehungsmechanismus  soll im folgenden Absatz im Detail erklärt werden.

Biologischer Zusammenhang

Betablocker sind Medikamente, die in ihrer chemischen Struktur dem körpereignen Hormon Adrenalin ähneln. Adrenalin wiederum bindet im Körper an spezifische Andockstellen, die so genannten Alpha- und Beta-Adrenorezeptoren; letztere können wiederum in Beta-1- und Beta-2-Rezeptoren unterteilt werden.

Beta-1-Adrenorezeptoren befinden sich am Herzen, aber auch im Fettgewebe und an den Nieren. Wenn Adrenalin an den Herzmuskelzellen bindet, führt dies zu einer Steigerung der Herzfrequenz. Bei Bindung an den Zellen des Fettgewebes wird der Abbau des Fettgewebes (Lipolyse) stimuliert. An der Niere bewirkt Adrenalin die Ausschüttung weiterer Botenstoffe wie beispielsweise Renin, welches zu einer Erhöhung des Blutdrucks führen.

Die Beta-2-Rezeptoren befinden sich an allen Stellen des Körpers, an denen glatte Muskulatur vorkommt. Zu diesen Strukturen gehören nicht zuletzt die großen und kleinen Atemwege der Lunge (Bronchien und Bronchiolen). Bindet Adrenalin dort, erschlafft die glatte Muskulatur und die Atemwege werden weit gestellt. Der Atemwegswiederstand nimmt ab und das Luftholen wird erleichtert.[6]

Wie der Name bereits vorwegnimmt, blockieren Betablocker die Bindungsstellen des Adrenalins, um sie für das Hormon nicht mehr zugänglich zu machen und so bestimmte Effekte wie einen Blutdruckanstieg oder die Zunahme der Herzfrequenz zu verhindern. Betablocker wurden also prinzipiell mit der Absicht konzipiert, dass ihre Wirkung hauptsächlich an den Beta-1-Adrenorezeptoren zu entfalten. In der Realität beeinflussen die meisten Präparate in geringem Ausmaß jedoch auch die Beta-2-Adrenorezeptoren der glatten Muskulatur (unselektive Betablocker). An den Bronchien und Bronchiolen der Lunge führt diese Blockade der Adrenalin-Wirkung tendenziell zu einer Verengung der Atemwege, was vor allem dann Beschwerden verursacht, wenn bereits eine Überempfindlichkeit der Atemwege besteht, wie es bei Menschen mit Asthma oder Allergien der Fall ist. Bei diesen Personen addiert sich der erhöhte Atemwegswiderstand  zu der bestehenden Neigung, mit Entzündungen auf Allergene wie Staub oder Pollen zu reagieren, was die oben beschriebene Aktivierung der Hustenrezeptoren zur Folge hat und somit zum klinischen Bild des trockenen Reizhustens führt.[7]

Zu beachten

Die Substanzgruppe unselektiven Betablocker kann bei Menschen mit vorbestehender Allergieneigung mitunter schwere Asthmaanfälle auslösen. Beim Auftreten von Reizhusten oder Atembeschwerden unter der Einnahme von Betablockern sollte daher bereits frühzeitig eine Umstellung auf ein selektives Präparat wie beispielsweise Nebivolol durch den behandelnden Arzt erfolgen.[8]